Mythos: Leistungssteigerung durch Sportluftfilter?

Leistungssteigerung durch Sportluftfilter? Fahrer von Autos ohne Kat oder mit Vergaser können sich die Zeit sparen, diesen Artikel zu lesen. 😉

Es ist erstaunlich, wie hartnäckig sich die Meinung hält, ein Sportluftfilter oder gar offener Luftfilter (Cold Air Intake) würde dem Fahrzeug mehr Leistung bringen. Oft ist der serienmäßige Luftfilter mit das erste, was an einem Fahrzeug gegen eine Sportvariante ausgetauscht wird.

Das ist nicht verwunderlich, denn die Hersteller versprechen

  1. eine Erhöhung der Leistung (PS),
  2. bessere Beschleunigung und
  3. Erhöhung des Luftstroms.

Dabei wäre Punkt 3. technisch gesehen der Grund für die Leistungssteigerungen 1. und 2..

Doch wird der Luftstrom tatsächlich erhöht?

Der serienmäßige Luftfilter kann mehr Luftmasse durchlassen, als der Motor bzw. die Motorsteuerung verlangt. Glaubt jemand, die Hersteller lassen ihre Fahrzeuge bewusst Atemnot leiden? Sehr unwahrscheinlich. 🙂

Wer es nicht glaubt, etwas Kohle locker hat und ein bisschen Risiko mag, darf gerne mal die Leistung seines Fahrzeugs mit und ganz ohne Luftfiltereinsatz auf einem Dyno vergleichen.

Wer eine Vakuum-Anzeige (bei Saugmotoren) im Kombiinstrument oder dediziert im Amaturenbrett hat, kann noch einfacher feststellen, dass der Serienfilter nicht restriktiv ist: Bei Vollgas/Wide Open Throttle ist die negative Druckdifferenz 0, was bedeutet, dass der Druck im Ansaugstutzen dem barometrischen Umgebungsdruck entsprecht. Würde der Serienfilter den Luftfluss behindern, müsste ein kleiner Druckunterschied angezeigt werden.

Verwenden wir also einen Filter, der eine noch höhere Luftdurchlässigkeit hat (den Wirkungsgrad des Filters mal außer acht gelassen), ist das so, als bestellten wir statt einem Taxi derer zwei oder drei, um schneller zum Flughafen zu kommen… oder als würden wir 10 mal auf den Knopf drücken, damit der Fahrstuhl schneller da ist.

Wenn ich mich angestrengt habe, reiße ich auch nicht den Mund weit auf, um besser/mehr Luft zu bekommen…
Man darf dazu auch nicht vergessen: Die maximale Luftmasse wird eh durch den Querschnitt meiner Luftröhre limitiert – oder im Fall des Fahrzeugs durch das Ansaugrohr.

Und wenn nun doch mehr Luft durchgeht?

Angenommen, durch den Supermatrixmegaairflowfilter würde tatsächlich mehr Luftmasse als notwendig fließen, hätten wir da noch eine entscheidende Komponente, die das Benzin/Luft-Gemisch regelt: Die Motorsteuerungseinheit (ECU) mit ihren zahlreichen Sensoren, insbesondere Lambdasonde(n), Luftmassensensor/-messer (MAF), Drosselklappenwinkel, diverse Temperatursensoren, barometrischer Luftdruck, usw., wobei die ECU Soll- und Ist-Werte vergleicht und Differenzen möglichst korrigiert (ich kürze den Ausflug zur Motorsteuerung mal etwas ab).

Stellt der Luftmassensensor (im Ansaugrohr) eine höhere Luftmasse fest als aktuell gefordert ist, würde die ECU möglicherweise Einfluss auf die Drosselklappenstellung oder die Zündung nehmen, damit die ECU durch wieder richtige Werte der Lambdasonde(n) happy ist. ODER: Stellt die Lambdaregelung über die Lambdasonde vom Soll abweichende Sauerstoffrestwerte im Abgas fest, würde ebenfalls das Gemisch angepasst werden.

Wie man es dreht und wendet… Sportluftfilter bringen nichts. 🙂

In meinem Auto korrigiert die Motor- oder Lambdasteuerung aber keine Luftzufuhr! Und mein Filter lässt wohl mehr Luft durch!

Mag sein, man kann ja einiges basteln. In dem Fall ist Dein Benzin-Luft-Gemisch magerer, als es sein sollte, und Du hast vermutlich WENIGER Leistung mit Deinem Sportluftfilter. Dafür wirst Du aber weniger Sprit verbrauchen, immerhin. 🙂 Eine Leistungssteigerung durch Sportluftfilter wird nicht erreicht.

Wann bringt ein Sportluftfilter denn etwas?

Würde ein Sportluftfilter tatsächlich leistungssteigernden Einfluss auf das Benzin/Luft-Gemisch haben, müsste die Motorsteuerung entsprechend angepasst (programmiert) werden, damit keine falschen Werte errechnet werden. Da dies bei Sportfiltern nicht notwendig ist, haben wir im Umkehrschluss auch keinen Vorteil.

Anders ist dies bei (offenen) Luftfiltern, die mit Ansaugrohren mit größeren Durchmessern kommen. Hier kann tatsächlich mehr Luftmasse den Motor erreichen, vorausgesetzt, Drosselklappe und Ansaugkrümmer sind kein Flaschenhals. Der auf den Durchschnitt des Serien-Ansaugrohrs ausgelegte Luftmassensensor liefert der ECU dann jedoch falsche Werte, weshalb diese z.B. mit einem Tune angepasst (programmiert) werden muss.

Haben alle Komponenten des Ansaugtraktes einen größeren Durchschnitt/besseren Luftfluss, kann mehr Luft zum Motor gelangen, als es mit Serienkomponenten möglich wäre (siehe obiger Luftröhrenvergleich). Folglich auch mehr Benzin für das geeignete Lambda-Gemisch, was dann zu einer Leistungssteigerung führt… nämlich vielleicht so ca. 1%. Hallelujah! 🙂 Mehr Benzin heißt übrigens auch höhere Emissionswerte, weshalb solche Komponenten in unseren restriktiven Gefilden eigentlich nicht zugelassen sind.

Eine Leistungssteigerung durch Sportluftfilter ist dann möglich, wenn ich die Motorsteuerung mithilfe eines Tunes auf eine höhere/schnellere Luftverfügbarkeit anpasse, weil dann ein Serienfilter möglicherweise nicht ausreicht.

Menno. Ich spüre aber die Mehrleistung!

Natürlich. 😉

Menno. Was bringt mir dann der Sportluftfilter?

An dieser Stelle muss man dann doch zwischen Austausch- und offenem Luftfilter unterscheiden:

Austauschfilter (meist ölgetränkte Baumwollfilter)

Austauschluftfilter (Artikel: Leistungssteigerung durch Sportluftfilter?)
Austauschluftfilter

Serienmäßige Papierfilter sind Einwegfilter, sie werden in Intervallen ausgetauscht. Drop-In Ersatzfilter können gereinigt, wieder eingeölt und weiterverwendet werden. Hier kommen somit noch die Kosten für das “Spezialöl” hinzu.

Übertreibt man es mit dem Öltränken, KANN es passieren, dass sich Öl auf dem Luftmassenmesser niederschlägt und die Sensorik verschlechtert.

Ob der Wartungsaufwand die kleine Kostenersparnis wert ist, bleibt jedem selbst überlassen. Ich fahre mein Pony weiterhin mit Serien-Papierluftfilter.

Offene Filter (Pilz) / Cold Air Intake (CAI)

Offener Sportluftfilter (Pilz) / Cold Air Intake (CAI) - (Artikel: Leistungssteigerung durch Sportluftfilter?)
Offener Sportluftfilter (Pilz) / Cold Air Intake (CAI)

Die konische Bauart soll den Luftfluss gegenüber der serienmäßigen Airbox verbessern. Wie wir inzwischen wissen, ist das zwar eine löbliche Idee, bringt aber ohne Modifikation der Motorsteuerung nichts.

Die muschelhälftenartigen Gehäuse der meisten Pilze sind eben offen und im Gegensatz zur Serienbox im Motorraum nicht hermetisch geschlossen (Ausnahme z.B. Airaid). Die “Versiegelung” ist meist eine Gummidichtung am oberen Rand, die bei geschlossener Motorhaube mit dieser abschliesst. Das Ansaugrohr, welches durch die Muschel hindurchgeführt wird, ist meist nicht versiegelt.

Diese beiden Punkte sind Tatsachen, die eine Leistungssteigerung mit offenem Luftfilter ad absurdum führen, denn es kann warme/heiße Luft aus dem Motorraum zur Frischluft hinzukommen. Wie wir vielleicht noch aus dem Physik-Unterricht wissen, hat warme Luft bei gleichem Volumen eine geringere Dichte, was bedeutet, dass Luft aus offenen Luftfiltern weniger Sauerstoff enthält, welcher jedoch für die Verbrennung benötigt wird.
Die englische Bezeichnung “Cold Air Intake” ist faktisch nicht korrekt, sofern nicht ausschließlich Frischluft geliefert wird (was einen Serienfilter dann aber ebenfalls zum Cold Air Intake macht).

Durch die quasi-offene Bauweise wird das Ansauggeräusch stärker hörbar. Es entsteht der Eindruck eines besseren Sounds und damit die subjektive Meinung, man hätte eine Leistungssteigerung erreicht.

Ein offener Filter hat somit nur zwei Vorteile, die beide subjektiv zu bewerten sind:

  • Lauteres Ansauggeräusch
  • Bessere Optik

Leistungssteigerung durch Sportluftfilter? Fazit:

Merken:

Ein serienmäßiger Papierluftfilter ist für eine serienmäßige Motorsteuerung nicht restriktiv.

Der Motor (bzw. dessen Steuerung) holt sich die Luftmasse, die er benötigt und nicht die, die er maximal bekommen kann – also unabhängig davon, ob wir ihm mehr Luft bereitstellen.

Das restriktive Element ist nicht der Luftfilter, sondern die Motorsteuerung.

Nur in Kombination mit einer Modifikation der Motorsteuerung kann zumindest eine kleine Leistungssteigerung durch Sportluftfilter erzielt werden.

Die Motorsteuerung ist demnach der erste Ort, an dem eine Leistungsoptimierung erfolgen kann, insbesondere bei Saugmotoren – und dabei kann dann auch eine bessere Luftverfügbarkeit berücksichtigt werden. Bei Saugern erreicht man jedoch durch Anpassen des Zündzeitpunktes auf einen höherwertigen Treibstoff die größte Leistungsoptimierung.


Anmerkung: Ich bin kein Tuner, werde aber auch nicht von Sportluftfilter-Herstellern gesponsert. Ich hoffe, mit diesem Artikel aus Amateur-Sicht darüber aufzuklären, dass selbst halbwegs moderne Autos eine leistungsstarke Motorsteuerungseinheit haben, die unter Berücksichtigung u. a. von verfügbarer Luftmasse, Temperaturen, Druck und Abgasqualität in Echtzeit das programmierte Gemisch regeln. Diese Tatsache wird bei den Pro-Sportluftfilter-Argumenten permanent außen vor gelassen.